Das Schweizer Arbeitsrecht gilt als liberal und flexibel. Dennoch gibt es eine Vielzahl von Regeln und Bestimmungen, die sowohl für Arbeitgeber als auch für Arbeitnehmer von grundlegender Bedeutung sind. Ein fundiertes Wissen über diese rechtlichen Rahmenbedingungen schützt Sie vor Missverständnissen und sichert Ihre Rechte. Dieser Artikel gibt Ihnen einen umfassenden Überblick über die wichtigsten Aspekte des Schweizer Arbeitsrechts, einschliesslich Arbeitsverträgen und Arbeitszeiten.
Im Gegensatz zu vielen anderen Ländern ist in der Schweiz keine schriftliche Form für einen Arbeitsvertrag zwingend vorgeschrieben. Ein Arbeitsvertrag kann also auch mündlich oder durch schlüssiges Verhalten (konkludent) zustande kommen. Aus Beweisgründen ist ein schriftlicher Vertrag jedoch dringend zu empfehlen. Er schafft Klarheit und Rechtssicherheit für beide Parteien.
Der Schweizer Arbeitsvertrag basiert auf dem Obligationenrecht (OR), insbesondere den Artikeln 319 bis 360. Zusätzlich gibt es kantonale Regelungen und in bestimmten Branchen die sogenannten Gesamtarbeitsverträge (GAV), die oft bessere Konditionen bieten als das gesetzliche Minimum.
Ein schriftlicher Arbeitsvertrag sollte mindestens folgende Punkte enthalten:
Vertragsparteien: Name und Adresse des Arbeitgebers und des Arbeitnehmers.
Stellenbeschreibung: Die genaue Funktion und die Hauptaufgaben des Arbeitnehmers.
Arbeitszeit: Das vertraglich vereinbarte Arbeitspensum (z.B. 100 %).
Lohn: Die Höhe des Bruttolohns, allfällige Zulagen (z.B. für Spesen) und der Auszahlungszeitpunkt.
Beginn des Arbeitsverhältnisses: Das genaue Startdatum.
Probezeit: Die Dauer der Probezeit, falls eine vereinbart wurde (gesetzlich maximal 3 Monate).
Ferien: Der Anspruch auf bezahlte Ferientage.
Wichtig: Der Vertrag darf keine Bestimmungen enthalten, die im Widerspruch zu zwingenden gesetzlichen Vorschriften oder einem anwendbaren GAV stehen. Solche Klauseln wären rechtlich unwirksam.
Die Probezeit dient beiden Seiten dazu, sich kennenzulernen und zu entscheiden, ob die Zusammenarbeit den gegenseitigen Erwartungen entspricht. Die gesetzliche Probezeit beträgt in der Schweiz einen Monat. Sie kann im Arbeitsvertrag auf bis zu drei Monate verlängert werden. Eine längere Probezeit ist nicht zulässig.
Während der Probezeit gilt eine verkürzte Kündigungsfrist von sieben Tagen. Das bedeutet, dass sowohl der Arbeitgeber als auch der Arbeitnehmer den Vertrag jederzeit mit einer Frist von einer Woche kündigen können. Eine Begründung ist dafür nicht erforderlich.
Das Arbeitsgesetz (ArG) regelt die gesetzlichen Höchstarbeitszeiten, Ruhezeiten und Pausen. Das Gesetz unterscheidet zwischen verschiedenen Arbeitnehmergruppen:
Höchstarbeitszeit: Für die meisten Arbeitnehmer beträgt die gesetzliche Höchstarbeitszeit 45 Stunden pro Woche(z.B. für kaufmännische Angestellte, technische Berufe und Verkäufer in Grossbetrieben). Für andere Arbeitnehmer (z.B. Industrie und Bau) liegt sie bei 50 Stunden pro Woche.
Pausen: Bei einer täglichen Arbeitszeit von mehr als fünf Stunden ist eine Pause von 15 Minuten vorgeschrieben, bei mehr als sieben Stunden 30 Minuten und bei mehr als neun Stunden eine Stunde. Diese Pausen sind unbezahlt.
Ruhezeiten: Arbeitnehmer haben Anspruch auf eine tägliche Ruhezeit von mindestens elf aufeinanderfolgenden Stunden.
Überstunden: Überstunden liegen vor, wenn die vertraglich vereinbarte Arbeitszeit überschritten wird. Überzeit hingegen bezeichnet die Zeit, die über der gesetzlich zulässigen Höchstarbeitszeit liegt. Überstunden müssen in der Regel mit einem Lohnzuschlag von 25 % vergütet oder durch Freizeit von gleicher Dauer kompensiert werden. Viele Arbeitsverträge sehen jedoch vor, dass eine bestimmte Anzahl von Überstunden (z.B. bis zu 10 %) bereits mit dem regulären Lohn abgegolten ist.
Jeder Arbeitnehmer hat in der Schweiz einen gesetzlichen Anspruch auf bezahlte Ferientage:
Mindestanspruch: Der gesetzliche Mindestanspruch beträgt vier Wochen (20 Arbeitstage) pro Jahr. Für Arbeitnehmer unter 20 Jahren sind es fünf Wochen.
Vollzeit/Teilzeit: Der Ferienanspruch gilt auch für Teilzeitmitarbeiter, er wird jedoch proportional zum Arbeitspensum berechnet.
Bezug: Der Arbeitgeber bestimmt den Zeitpunkt der Ferien. Er muss dabei jedoch die Wünsche des Arbeitnehmers so weit wie möglich berücksichtigen. Die Ferien müssen in der Regel im laufenden Dienstjahr bezogen werden.
Eine finanzielle Abgeltung von Ferien ist während des Arbeitsverhältnisses grundsätzlich nicht erlaubt. Sie ist nur bei der Beendigung des Arbeitsverhältnisses möglich, wenn die Ferien nicht mehr bezogen werden können.
Die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses in der Schweiz ist in der Regel unkompliziert. Es gilt die sogenannte Kündigungsfreiheit.
Ordentliche Kündigung: Der Arbeitsvertrag kann von beiden Seiten unter Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfrist und des Kündigungstermins gekündigt werden. Die Kündigung bedarf keiner Begründung. Die gesetzlichen Kündigungsfristen sind wie folgt:
Im ersten Dienstjahr: 1 Monat
Vom zweiten bis zum neunten Dienstjahr: 2 Monate
Ab dem zehnten Dienstjahr: 3 Monate
Kündigungsschutz: Es gibt einen Schutz vor sogenannter missbräuchlicher Kündigung (z.B. wegen ethnischer Herkunft, Geschlecht, Religion oder politischer Tätigkeit). Eine Kündigung, die im zeitlichen Zusammenhang mit einer Schwangerschaft oder nach einem Unfall steht, ist ebenfalls während der Sperrfrist nichtig.
Ein gutes Verständnis des Schweizer Arbeitsrechts ist essenziell für eine erfolgreiche Karriere. Es schafft Vertrauen und schützt Ihre Rechte im Berufsalltag.
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